Veranstaltung

18. Okt 2022, 18:30

KIRCHEN SIND NICHT IRGENDWELCHE GEBÄUDE …

© Prof. Jörg Winde
© Prof. Jörg Winde
© Prof. Jörg Winde | Architekten Brüning Rein, Essen

ARCHITEKTURWOCHEN NRW 2022
BDA Essen

Kirchen unterscheiden sich als baulicher Ausdruck von Spiritualität von anderen Gebäudetypen. Ihre historische, städtebauliche und gesellschaftliche Bedeutung prägt bis heute viele Ortsbilder. Der Rückgang von Gemeindemitgliedern macht die Umwidmung vieler Kirchenbauten unausweichlich, wenn nicht gar der Abriss droht. Denn die exponierten Gebäude besetzen häufig wertvolle und leicht zu vermarktende Grundstücke. Um den Abbruch zu vermeiden und den identifikationsstiftenden Charakter des Ortes zu erhalten, gilt es nachhaltige Nachnutzungen zu finden. Dabei birgt der Umbau großvolumiger Gebäude mit entsprechend komplizierter Bauphysik Herausforderungen für Planer:innen und Nutzer:innen, ermöglicht aber auch ökonomische und nachhaltige Lösungen. Alexander Kierdorf stellt einige Beispiele aus Essen und Umgebung vor.

© Prof. Jörg Winde | Architekten Brüning Rein, Essen

Architekten Brüning Rein: Umbau der Evangelischen Segenskirche
in Dortmund-Eving zu einem Gemeindezentrum

RÜCKBLICK von Wolfgang Zimmer

Der Beitrag des BDA Essen zu den diesjährigen Architekturwochen des Landesverbandes fand am 18. Oktober im Forum Kunst & Architektur in Essen statt.

Die Veranstaltung gliederte sich in:

– Einführung von Arndt Brüning (Vorsitzender des BDA Essen)
– Impulsvortrag von Dr. Alexander Kierdorf (Bauhistoriker) ,,Der lange Weg zur Baukultur des Bestandes“
– Vorstellung von Beispielen umgenutzter Kirchenbauten im Ruhrgebiet und den angrenzenden Niederlanden
– Diskussion von Vorstandsmitgliedern des BDA Essen mit Gästen

Arndt Brüning strich in seiner Einführung die emotionale und kulturelle Bedeutung der Kirchen für den Ort und die Gesellschaft heraus. Ihre meist zentrale und exponierte Lage mache sie zu attraktiven Immobilien, die sich samt entsprechender Grundstücke bei ei­nem Abbruch häufig gewinnbringend vermarkten lassen. Ferner wies er auch auf die in den Bestandsgebäuden gebundene, graue Energie hin. Gleichwohl gebe es erhebliche Herausforderungen bei einem Umbau großvolumiger Ge­bäude mit komplizierter Bauphysik.

Wolfgang Zimmer
Wolfgang Zimmer
© Wolfgang Zimmer

Impulsvortrag von Dr. Alexander Kierdorf

In seinem Impulsvortrag teilte Dr. Alexander Kierdorf seine Betrachtung historischer Kirchengebäude und die Nutzungsände­rungen solcher Gebäude in die folgende Kategorien:

– Ideologische Aneignung /Substanzielle Umnutzung
– Dekonstruktion und Rekonstruktion
– Das Prinzip Umnutzung
– Ressourcenschonung und Klimaschutz / Downcycling

Ausgehend von historischen Beispielen (Pantheon, Rom wird zur ehr. Kirche, ehr. Kirche Hagia Sophia, Istanbul wird zur Moschee) stellte Kierdorf eine Fülle von Umnutzungen, Nutzungsänderungen, Umbauten und Neunutzungen vor allem an Kirchenbauten vor und hielt fest: Umnutzungen sind nichts Neues.

Kierdorf stellte auch die Ressourcenfrage und sprach davon, dass die Vorgabe für eine Umnutzung auch zur Architektur des Bestandes passen muss. Die Würde eines Gebäudes muss bei einer Umnutzung erhalten bleiben.

In der danach folgenden Darstellung von Beispielen umgenutzter Kirchenbauten wurden u. a. folgende Kirchenbauten vorgestellt:

– Umbau der ev. Christus Kirche in Gladbeck zu einem Gemeindehaus mit Kirche, Koschany + Zimmer Architekten
– Umbau der ev. Segenskirche in Dortmund zu einem Gemeindehaus mit Kirche, Brüning Klapp Rein Architekten
– Umbau der ev. Lukaskirche in Essen zu Wohnungen, Böll Architekten.

Darüber hinaus wurden weitere gelungene und weniger gelungene Beispiele aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden vorgestellt. Die Beispiele reichten von Kulturnutzungen wie Konzert und Theater, bis zu Archiv-, Buchhandlung-, Büro- und Wohnnutzungen.

Die anschließende Diskussion griff die Erkenntnis auf, dass es Umnutzungen schon im­mer gegeben habe und verwieß aber auch auf die Ressourcenfrage. Insbesondere wurden auch das von der aktuellen Bundes-Bauministerin geforderte Abriss-Moratorium sowie die Beachtung des Umbaus in einer neuen „Umbauverordnung“ diskutiert.

Die erhebliche C02-Einsparung und Einsparung im Energieverbrauch bei Weiternutzung von Bestandsimmobilien spricht eindeutig für eine Prüfung des Erhalts bei jeder Baumaß­nahme mit Bestandsbauten.

Bei kirchlichen Gebäuden kommt noch die meist besondere Lage und Identifikation mit dem Ort dazu.

Allerdings wird auch die Frage nach der Angemessenheit der besonderen Beachtung und unbedingtem Erhalt von Kirchenbauten angesichts der „Missbrauchsproblematik“ gestellt. Kirchen sollen vorurteilsfrei Orte der Versammlung sein und ggf. auch in den Stadt­raum wirken und eine neue Öffentlichkeit ermöglichen.

Foto: Wolfgang Zimmer
Foto: Wolfgang Zimmer
© Wolfgang Zimmer

Rund 20 Interessierte nahmen an der Veranstaltung teil

 

Ort

Forum Kunst und Architektur
Kopstadtplatz 12
45127 Essen
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